Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs versuchen Unternehmen, ihre Prozesse zu verbessern und ihre Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Dabei können sie auf ein wichtiges Instrument des Lean Management zurückgreifen: Value Stream Mapping (VSM). Diese Visualisierung der Wertschöpfungskette ist ein strategischer Hebel, um die Prozesse im Unternehmen gezielt zu optimieren. Einkaufsteams müssen sich mit diesem Thema auseinandersetzen, um Verschwendung zu vermeiden, ihre Prozesse zu rationalisieren und kontinuierliche Verbesserungen zu fördern.
Was ist Value Stream Mapping?
Value Stream Mapping (VSM) ist ein Instrument zur visuellen Darstellung aller physischen Informationsflüsse innerhalb eines Unternehmens. Ziel ist es, die aktuellen Prozesse im Hinblick auf eine kontinuierliche Verbesserung zu analysieren.
VSM ist ein wesentlicher Bestandteil von Lean Management. In diesem Sinne zielt das Instrument darauf ab, jegliche Verschwendung zu eliminieren, um dem Endkunden den größtmöglichen Mehrwert zu bieten. Konkret hilft diese Visualisierung dem Unternehmen, seine Arbeitsweise besser zu verstehen und Optimierungsmöglichkeiten zur Effizienzsteigerung zu identifizieren.
Der Managementpapst Peter Drucker betont: „Es gibt nichts Nutzloseres, als effizient das zu tun, was überhaupt nicht getan werden sollte.“ Genau darum geht es bei VSM: sich auf die wertschöpfenden Aktivitäten zu konzentrieren.
Da der Einkauf eine besonders bereichsübergreifende Funktion ist, ist ein strukturierter Ansatz wie dieser von großem Vorteil. Denn VSM bietet eine ganzheitliche Sicht auf den Source-to-Pay-Prozess, von der Bedarfsermittlung bis zur Lieferung von Waren und/oder Dienstleistungen.
Die wichtigsten Etappen des VSM
VSM gliedert sich in fünf Hauptphasen, von der Projektplanung bis zur Umsetzung von Korrekturmaßnahmen.
Schritt 1: Auswahl des betrachteten Wertstroms
In diesem ersten Schritt wird der Abbildungsbereich festgelegt. Dazu muss das Objekt angegeben werden, dessen Prozessablauf verfolgt werden soll. Dies kann z.B. eine Bestellanforderung oder die Herstellung eines Produktes sein. Der betreffende Prozess wird im Detail bis zur Lieferung des Produkts und/oder der Dienstleistung an den Endkunden verfolgt. Es ist wichtig, den Anfangs- und Endpunkt des darzustellenden Prozesses im Voraus genau zu definieren.
Schritt 2: Darstellung des Ist-Zustands
In diesem zweiten Schritt wird der Ist-Zustand des Wertstroms abgebildet. Dazu muss die aktuelle Situation analysiert werden, um eine möglichst realitätsnahe Diagnose zu erstellen. Dies bedeutet, dass Feldbeobachtungen durchgeführt werden müssen, um jeden Prozessschritt zu identifizieren, zu beschreiben und zu dokumentieren. Dabei ist es wichtig, die Kategorie, die Menge der betroffenen Einheiten, die Zykluszeit, die zurückgelegte Entfernung usw. anzugeben. Anschließend erfolgt die visuelle Darstellung der Prozesse unter Verwendung der für diese Methode vorgesehenen Farben und Symbole. So erhält man eine Momentaufnahme der aktuellen Prozesssituation mit all ihren Problemen.
Schritt 3: Ermittlung der Verschwendungen
Im dritten Schritt wird das Gesamtbild analysiert, um die Ursachen der Verschwendungen und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Die mit jedem Schritt verbundenen Daten ermöglichen interessante Berechnungen:
Durchlaufzeit des Wertstroms
Gesamtverarbeitungs- und -kontrollzeit
Gesamtentfernung
Verhältnis zwischen Gesamtverarbeitungszeit
Durchlaufzeit
usw.
Auf diese Weise werden alle Verschwendungen entlang des gesamten Wertstroms aufgezeigt.
Welche verschiedenen Arten von Verschwendung gibt es?
In der Lean-Philosophie unterscheidet man 7 Arten von „Muda“, d.h. unproduktive Tätigkeiten, die keinen Mehrwert für den Endkunden schaffen.
Und zwar:
Überproduktion, d.h. zu viel oder zu früh produzieren
Überbestände bzw. unnötig hohe Lagerhaltung
unnötiger Transport und vermeidbare Bewegungen von Rohstoffen, Dokumenten, Informationen usw.
unnötige Verarbeitung oder „Überbearbeitung“, was zu Überqualität führt
Fehler, Mängel und Ausschuss, also Minderqualität
Wartezeit, um Informationen zu erhalten, Aufgaben zu erledigen usw.
unnötige, überflüssige oder nicht ergonomische Personalbewegungen
Schritt 4: Entwicklung der Vision
Der vierte Schritt konzentriert sich auf die Gestaltung des zukünftigen Zustands des Wertstroms. Dabei geht es um die visuelle Darstellung eines „Zielstroms“, der zunächst fiktiv bleibt. Diese neue Darstellung berücksichtigt alle Bereiche, in denen das Unternehmen Verbesserungen plant. Alle optimierten Prozesse werden hier beschrieben. Bei effektiver Umsetzung sollte dies zu besserer Leistung und höherer Kundenzufriedenheit führen.
Schritt 5: Umsetzung von Verbesserungen
Der fünfte und letzte Schritt konzentriert sich auf die Umsetzung der Verbesserungsmaßnahmen. Dabei kann es sich um Folgendes handeln:
Beseitigung doppelter Aufgaben
Überdenken des Validierungs-Workflows
Erstellung von Betriebsstandards
Verbesserung von Dienstbesprechungen
Schulung von Teams in neuen Verfahren
usw.
Die Durchführung der Verbesserungsmaßnahmen muss im Rahmen des Lean-Ansatzes geplant, umgesetzt und schließlich gemessen werden.
Die Vorteile von VSM für die Einkaufsfunktion
Durch die Wertstromanalyse steigern die Einkaufsteams ihre Gesamtleistung. Sie können ihre operative Effizienz verbessern und sich gleichzeitig stärker an der Gesamtstrategie des Unternehmens orientieren.
Fundierte Entscheidungen treffen
Zunächst liefert VSM wertvolle Informationen über den Beschaffungsprozess. So können Einkaufsteams datenbasierte Entscheidungen treffen, die auf Beobachtungen vor Ort basieren. Dies führt zu fundierten Entscheidungen über Prozessoptimierung, aber auch über andere verwandte Themen wie Teamtraining, visuelles Management oder digitale Werkzeuge.
Kosten senken
Gleichzeitig ermöglicht VSM den Unternehmen, Möglichkeiten zur Kosteneinsparung zu identifizieren. Durch die Vermeidung von Aufgaben ohne Mehrwert, die Optimierung von Ressourcen und die Rationalisierung von Prozessen senken sie sowohl ihre direkten als auch ihre indirekten Kosten. Dies trägt zum finanziellen Ergebnis der Unternehmen bei und verschafft ihnen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil für die Zukunft.
Verbesserung der Beziehungen zu den Stakeholdern
VSM ermutigt Unternehmen, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Stakeholdern zu verbessern. Dies betrifft sowohl die Unternehmensbereiche (Einkauf, Beschaffung, Logistik usw.) als auch die Lieferanten. Durch die Optimierung des Informationsflusses werden Transparenz, Kommunikation und Koordination zwischen allen Beteiligten verbessert. Letztendlich fördert dieser Ansatz die Entwicklung von Beziehungen, die für alle Beteiligten vorteilhaft sind.
Value Stream Mapping (VSM) ist somit ein wirksamer Hebel zur Prozessoptimierung und zur Erreichung operativer Exzellenz in der Beschaffung. Auf diese Weise können Unternehmen dem Markt immer einen Schritt voraus sein und ihren Kunden weiterhin einen Mehrwert bieten.