Mitten in der digitalen Revolution und angesichts des steigenden Bedürfnisses nach unternehmerischer Widerstandsfähigkeit gewinnt Automatisierung zunehmend an Bedeutung. Wiederkehrende, zeitaufwendige Aufgaben gehören der Vergangenheit an – Teams konzentrieren sich heute stärker auf Tätigkeiten mit echtem Mehrwert.
Um diesen Wandel zu vollziehen, setzen Unternehmen auf Robotic Process Automation (RPA) oder Intelligent Process Automation (IPA) – zwei sich ergänzende Technologien, die Prozesse effizienter gestalten und die Produktivität steigern.
RPA-Technologie: Definition und Funktionsweise
Per Definition ermöglicht Robotic Process Automation die Automatisierung repetitiver und zeitintensiver Aufgaben, die anschließend von Software-Robotern ohne menschliches Eingreifen ausgeführt werden.
Diese Roboter bearbeiten methodische, standardisierte Prozesse auf der Grundlage klar definierter Regeln – völlig autonom. Beispiele sind Dateneingabe, Informationsbeschaffung, E-Mail-Versand oder Dateiverwaltung. Das menschliche Personal bearbeitet nur noch Ausnahmen und Sonderfälle.
Diese Software-Roboter – auch digitale Bots genannt – lassen sich innerhalb weniger Wochen implementieren und verursachen nur geringe Kosten. Einmal eingerichtet, sind sie rund um die Uhr einsatzbereit, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.
In den letzten Jahren hat sich diese Technologie stark weiterentwickelt und ein hohes Maß an Reife erreicht – die ideale Grundlage für großflächige Prozessautomatisierung.
RPA im Einkauf: Anwendungsbeispiele
Laut der Unternehmensberatung McKinsey lassen sich 50–70 % der Aufgaben in Einkaufsabteilungen automatisieren – ein ideales Einsatzfeld für RPA mit zahlreichen praktischen Anwendungen.
Typische Beispiele für automatisierte Prozesse mit RPA-Software:
Aktualisierung von Lieferantendaten
Pflege von Preisen in elektronischen Katalogen
Versand von Erinnerungen bei fehlenden Dokumenten
Einholung von Unterlagen im Rahmen von Ausschreibungen
Verwaltung wiederkehrender Auktionen
Prüfung der Dateikonformität
Anonymisierung von Daten (z. B. DSGVO)
Erfassung und Abgleich von Rechnungen
Bearbeitung von Lieferantenanfragen
Überwachung von Markt- und Materialindizes
Datenübertragung zwischen verschiedenen Softwarelösungen oder Excel-Dateien
Einrichtung eines digitalen Assistenten
Gerade für Einkaufsabteilungen, die nach dem Source-to-Pay-Prozess arbeiten, eröffnen sich nahezu unbegrenzte Möglichkeiten. RPA kann Prozesse im Bereich Datenmanagement, Risikosteuerung, Lieferantensourcing und Transaktionsverarbeitung automatisieren.
Die Vorteile von RPA
Auf den ersten Blick klingt RPA wie ein Traum für Einkaufsabteilungen – und das zu Recht. Die Technologie bringt eine Vielzahl von Vorteilen für den Einkauf und das gesamte Unternehmen mit sich.
Leslie Willcocks, Professor an der London School of Economics, erklärt in einem Interview mit McKinsey: „Der größte Nutzen, den wir in 16 Fallstudien festgestellt haben, ist eine Rendite von 30 bis 200 Prozent im ersten Jahr. Doch es wäre falsch, RPA nur unter kurzfristigen Kosteneinsparungen zu betrachten – denn der wahre Mehrwert liegt in den vielfältigen geschäftlichen Vorteilen.“
Dieser beeindruckende Return on Investment resultiert vor allem aus gesteigerter Produktivität. Neben Kosteneinsparungen steigert RPA auch die Effizienz und Genauigkeit: Bots führen Aufgaben schneller und fehlerfrei aus – und sparen dabei enorm viel Zeit, sowohl bei der Ausführung als auch bei der Lösungserstellung im Vergleich zu anderen Technologien.
In Zeiten eines angespannten Arbeitsmarktes und der sogenannten Great Resignation spielt Automatisierung eine entscheidende Rolle. Durch die Entlastung von Routineaufgaben steigt die Zufriedenheit der Mitarbeitenden – sie gewinnen Zeit für strategische, wertschöpfende Tätigkeiten wie Datenanalyse, Lieferantenmanagement oder Entscheidungsprozesse.
Willcocks ergänzt: „Langfristig wird RPA dazu führen, dass Arbeit interessanter wird. Seit über 130 Jahren entwerten wir Arbeitsplätze durch Monotonie. RPA ersetzt keine ganzen Jobs, sondern einzelne Aufgaben – und ermöglicht neue, vielfältigere Berufsbilder. Der Wandel wird herausfordernd, aber Organisationen können ihn meistern.“
IPA: Der nächste Schritt in der Automatisierung
Intelligent Process Automation (IPA) beschreibt die nächste Generation digitaler Werkzeuge, die komplexere Prozesse automatisieren. Sie basiert auf kognitiven Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI), etwa:
Machine Learning
Deep Learning
Natural Language Processing (NLP)
Process Mining
Diese Systeme unterstützen Menschen bei außergewöhnlichen oder kreativen Aufgaben, die Denkvermögen, Wahrnehmung oder Entscheidungsfähigkeit erfordern. Dazu verarbeiten sie strukturierte, semi-strukturierte und sogar unstrukturierte Daten – und lernen durch Beobachtung menschlichen Verhaltens.
Die Implementierung solcher Lösungen erfordert jedoch mehr Zeit und eine präzise Konfiguration, um sie an geschäftliche Ziele und komplexe Szenarien anzupassen.
Fazit
Die Einkaufsfunktion befindet sich mitten in einem digitalen Wandel. Obwohl RPA, IPA und KI in vielen Unternehmen noch in der Einführungsphase sind, zeigen sie deutlich: Die Zukunft des Einkaufs liegt in intelligenter Automatisierung.
Durch den Einsatz dieser Technologien können Unternehmen ihre Effizienz steigern, Kosten senken, Qualitätsstandards verbessern und die Entwicklung ihrer Teams fördern.



