In einer zunehmend komplexen, volatilen und unsicheren Welt konzentrieren sich Unternehmen darauf, ihre Lieferketten global zu optimieren und abzusichern. Viele investieren daher in zentralisierte Beschaffungsmodelle für Waren und Dienstleistungen – eine Strategie, die für Harmonisierung, Optimierung und Kontrolle steht. Doch dieser Ansatz ist komplex und erfordert ein solides Change-Management.
Der volle Nutzen einer zentralisierten Beschaffung
Zentralisierte Beschaffung bedeutet, dass ein zentrales Team die Einkaufsaktivitäten und Lieferkettenoperationen eines Unternehmens steuert. Dieses Modell zielt darauf ab, alle Bedarfe aus verschiedenen Standorten, Tochtergesellschaften oder Abteilungen zu bündeln.
So kann das Unternehmen eine globale Beschaffungsstrategie und einheitliche Einkaufsrichtlinien implementieren. Es harmonisiert seine Prozesse, standardisiert Verträge und erhält so mehr Kontrolle über Gemeinkosten – bei gleichzeitiger Abstimmung der Einkaufsziele auf die geschäftlichen Prioritäten.
Dieser strategische Ansatz steigert die Prozesseffizienz, fördert den Wissensaustausch und die Implementierung von Best Practices. Er dient der Effizienzsteigerung und Wettbewerbsfähigkeit durch die Rationalisierung und Optimierung von Beschaffungsprozessen und Lieferketten.
Durch die Bündelung von Einkaufsvolumina verfügen Unternehmen über größere Verhandlungsmacht. Dies ermöglicht Rabatte und Skaleneffekte mit Lieferanten. Hinzu kommen indirekte Einsparungen.
Douglas Gill, Export Manager bei Manutan Group, erklärt: „Sie erzielen Einsparungen, indem Sie nur einen Ansprechpartner haben – sei es für die Produktauswahl, die Integration von Rechnungen oder die Informationskonsolidierung im Rahmen von Zollprozessen. So sparen Sie erheblich Zeit und erzielen indirekte Kostenvorteile durch zentralisierte Beschaffung.“
Zentralisierte Beschaffung in fünf Schritten
Um ein zentrales Beschaffungsprojekt erfolgreich zu führen, müssen Unternehmen alle Beteiligten einbinden und verschiedene Hebel aktivieren.
1. Alle Anforderungen antizipieren
Zunächst gilt es, sämtliche spezifischen Bedarfe des Unternehmens zu erfassen. Das Einkaufsteam sollte lokale Einkäufer und Bedarfsträger einbeziehen, um eine vollständige Datengrundlage zu schaffen.
Dabei darf man sich nicht nur auf den Verbrauch des Vorjahres stützen, da seltene, aber wichtige Käufe sonst übersehen werden könnten. Anschließend sollten die Daten nach Produktkategorien segmentiert werden, um Optimierungspotenziale zu erkennen, Verhandlungsstrategien festzulegen und eine Logik der Bündelung und Rationalisierung umzusetzen.
2. Das Lieferantenportfolio neu gestalten
Im zweiten Schritt rationalisiert das Einkaufsteam sein Lieferantenportfolio, indem lokale Anbieter durch überregionale oder globale Partner ersetzt werden. Dabei werden spezifische Auswahlkriterien berücksichtigt – etwa Arbeitssprache, geografische Reichweite, Logistikkompetenz, Qualitätspolitik, Zertifizierungen oder die Fähigkeit zur Implementierung elektronischer Kataloge.
Während der Lieferantenauswahl können lokale Teams erneut in die Verhandlung eingebunden werden. Bei der Entscheidungsfindung geht es nicht nur um den Preis, sondern auch um die Gesamtkostenbetrachtung (Total Cost of Ownership).
Danach werden mit den ausgewählten Lieferanten Rahmenverträge abgeschlossen, die Preis- und Servicekontrolle garantieren. Diese Verträge enthalten Klauseln zu Kostensenkung und Qualitätssicherung – ein entscheidender Schritt, um Preise und Lieferketten zu stabilisieren und Partnerschaften zu stärken.
3. Verträge implementieren
Zentralisierte Beschaffung erfordert ein umfassendes Change-Management. Mitarbeiter, die bisher ihre eigenen Einkäufe verwalteten, könnten neue Prozesse als Einschränkung empfinden. Kommunikation ist daher der Schlüssel:
Ein klares Verständnis der neuen Abläufe, der Vertragspartner und der damit verbundenen Vorteile fördert die Akzeptanz.
Das Unternehmen sollte gemeinsam mit den Lieferanten einen Aktionsplan entwickeln:
Identifizierung wichtiger interner Stakeholder,
Definition von Zielen, Fristen und Leistungskennzahlen (KPIs),
Rollout der Rahmenverträge über geeignete Kanäle – interne Newsletter, Standortbesuche, Schulungen oder Lieferantentreffen.
Das Ziel: Interne Zustimmung gewinnen und den Wandel nachhaltig verankern.
4. Digitalisierung als Hebel nutzen
Zur Unterstützung dieses Prozesses empfiehlt sich die Investition in digitale Lösungen. Der Einsatz von ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning) bietet verbesserte Sichtbarkeit über alle Beschaffungsdaten hinweg.
Hinzu kommen E-Procurement-Tools, die den gesamten oder einen Teil des Procure-to-Pay-Prozesses (P2P) automatisieren – also Produktauswahl, Bestellung, Rechnungsstellung und Zahlungsabwicklung.
Diese digitalen Lösungen:
eliminieren Prozesse mit geringem Mehrwert,
reduzieren indirekte Kosten,
verkürzen Durchlaufzeiten und
bieten eine transparente Echtzeit-Sicht auf alle Ausgaben
5. Leistung messen und fortlaufend optimieren
Der letzte Schritt besteht in der kontinuierlichen Leistungsüberwachung. Dazu werden regelmäßige Meetings mit Lieferanten organisiert, um KPIs zu analysieren:
erzielte Kosteneinsparungen,
Anteil digitaler Bestellungen,
durchschnittlicher Bestellwert,
Anteil der über Rahmenverträge abgewickelten Käufe,
Servicequote.
So kann die Einkaufsabteilung den Einfluss des Projekts auf Kosten, Effizienz und Qualität bewerten. Anhand dieser Daten werden Prozesse optimiert und Verträge bei Bedarf angepasst – Teil eines Ansatzes der kontinuierlichen Verbesserung.
Fazit
Ein zentralisiertes Beschaffungsmanagement ebnet den Weg zu stabilen Lieferketten, niedrigeren Kosten und höherer Effizienz. Für den Erfolg eines solchen Projekts sind jedoch zwei Faktoren entscheidend: starke Partnerschaften mit den richtigen Lieferanten und ein aktives Change-Management im Unternehmen.


